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Pressemitteilung 117-2023: Stellungnahme von Landrat Christian Meißner zum Leserforum „Entweder ‚wir schaffen das‘ oder wir schaffen uns ab“


in der Ausgabe des Obermain-Tagblatts vom 05.04.2023

LICHTENFELS (06.04.2023). 


Sehr geehrte Damen und Herren, 

zum oben genannten Leserforum nehme ich wie folgt Stellung: 


1.    Für den Versand der Einladungen wurde ein ortsansässiger Logistikdienstleister beauftragt die Schreiben an alle Schneyer Haushalte zu verteilen. Der Logistikdienstleister versicherte uns zum einen regelmäßig bereits Postwurfsendungen in Schney verteilt zu haben, sowie eine rechtzeitige Verteilung. Dass es hier offensichtlich zu Problemen kam, bedauern ich und das Team des Landratsamts sehr. 
 
2.    Für die Informationsveranstaltung wurde eine der größten verfügbaren Örtlichkeiten in Schney gewählt. Dass die Informationsveranstaltung in Folge des grausamen Gewaltverbrechens am 10.03.2023 - nach Auslaufen unseres Schreiben - zusätzlich verständlicherweise zu hoher Brisanz und verstärktem Besucheraufkommen führte, war für uns vorab nicht abschätzbar. In der Kürze der Zeit war es mangels der freien Verfügbarkeit nicht möglich, geeignetere andere, größere Räumlichkeiten zu finden, da diese bereits anderweitig belegt waren. Um dennoch allen Schneyer Bürgern die Möglichkeit zur Information zu geben, wurde daher kurzfristig entschieden die Veranstaltung am 16.03.2023 zu wiederholen. 
 
3.    Das Landratsamt hat sich, auch in enger Absprache mit den Sicherheitsbehörden und der Polizei, bewusst gegen eine Beschränkung auf ausschließlich Schneyer Bürgerinnen und Bürger entschieden, da die persönliche Einladung an die Schneyer Bevölkerung auch in den sozialen Netzwerken zu finden war. Somit sollte es grundsätzlich jedem interessierten Bürger offenstehen, sich zu informieren. Letztlich gehört die freie Meinungsäußerung zu den tragenden Säulen unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Die Vermischung mit parteipolitischen Äußerungen ist hier ein schmaler Grat. Den Charakter einer Wahlveranstaltung konnten weder ich noch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts, die vor Ort waren, feststellen. Von der freien Meinungsäußerung sind zudem selbstverständlich ausgenommen alle rassistischen, beleidigenden und strafrechtlich relevanten Äußerungen, welche ich aufs Schärfste verurteile. 
 
4.    Für die Flüchtlingspolitik an sich und die Entscheidung, wie viele Flüchtlinge Deutschland aufnimmt, ist weder das Landratsamt Lichtenfels verantwortlich, noch bin ich es als Landrat. Verantwortlich ist die Bundesregierung. Die Verteilung der Flüchtlinge erfolgt deutschlandweit 
(§ 45 AsylG) nach einem festen Schlüssel, dem sogenannten Königsteiner Schlüssel. Die Verteilung innerhalb Bayern ist in § 3 der DVAsyl geregelt. Demnach erhält der Landkreis Lichtenfels monatliche Zuweisungen von geflüchteten Menschen, die er unterbringen muss. Es ist die Aufgabe der staatlichen Landratsämter, diese Menschen, die aus welche Gründen auch immer zu uns kommen, unterzubringen.
 
Die Belastungsgrenze der kommunalen Flüchtlingsaufnahme ist erreicht. Auch ich bin definitiv nicht glücklich über die Situation und Umstände. Letztlich war und bin ich aber kein Mitglied der Bundesregierung. Deshalb verbleibt mir als Landrat lediglich die Möglichkeit, Einfluss auf die entsprechenden Entscheidungsträger zu nehmen, was ich fortlaufend und intensiv auch mache.
 
Gemeinsam mit allen bayerischen Landräten habe ich mich über unseren Verband, den Bayerischen Landkreistag, schon mehrmals an den Bund gewandt. Wir fordern immer wieder mit Nachdruck, die Flüchtlingspolitik zu überdenken und zu ändern. Derzeit wird seitens des Bayerischen Landkreistages weiterhin versucht, einen Gesprächstermin bei Bundeskanzler Olaf Scholz zu erhalten. Auch Bayerns Innenminister Herrmann hat bereits mehrmals die Asylpolitik der Bundesregierung kritisiert. Kürzlich wurde auch die sog. Brüsseler Erklärung der Bayerischen Landrätinnen und Landräte zur Asyl- und Migrationspolitik an die zuständigen Vertreterinnen und Vertreter der Politik gesandt. Ich unterstütze dieses Vorbringen mit Nachdruck und werde auch weiterhin die aktuelle Lage hier vor Ort konsequent nach oben tragen. 

Zusammenfassend versichere ich Ihnen, dass mein Team des Landratsamtes und ich mit Hochdruck daran arbeiten, diese Herausforderungen unserer Zeit zu meistern und die bestmögliche Lösung für unseren Landkreis und seine Bürgerinnen und Bürger zu finden. Dabei setze ich aber auch auf ein einvernehmliches Miteinander mit unseren Bürgerinnen und Bürgern. Die Unterbringung von Flüchtlingen gehört zu den über 500 staatlichen Aufgaben eines Landratsamtes und damit auch zu meinen Aufgaben als Landrat. 

Ich darf Ihnen versichern, dass ich die Bedenken und Ängste der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst nehme und nicht leichtfertig derartige Entscheidungen treffe.


Christian Meißner
Landrat des Landkreises Lichtenfels
 

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